Pflegegrade 2021 – Achtung: Neue Pflegestufen gelten

Versicherte, die ihren Lebensalltag nicht mehr selbständig bestreiten können, sind auf die Hilfe von Angehörigen oder auf professionelles Personal angewiesen. Doch nicht jeder Mensch benötigt Pflege in gleichem Umfang. Das Spektrum kann von einem wöchentlichen Einkauf bis zur Rund-um-die-Uhr-Betreuung reichen.

Vor diesem Hintergrund werden alle pflegebedürftigen Menschen in Deutschland in ein System aus fünf Pflegegrade eingegliedert, das sich auf die Schwere der Beeinträchtigung und den täglichen Pflegeaufwand (Pflegebedürftigkeit) bezieht. Die Leistungserbringung läuft gestaffelt nach Pflegegrad und gilt auch für Leistungen aus privaten Pflegezusatzversicherungen.

Kriterien für die Pflegegrade

Das Hauptkriterium für die Einteilung in einen Pflegegrad ist die Zeit, die beansprucht wird, um die Grundpflege einer pflegebedürftigen Person zu sichern. Dazu gehören:

  • Körperpflege: Waschen, Duschen, Baden, Zahnpflege, Kämmen, Rasieren, Blasen- oder Darmentleerung
  • Ernährung: Mundgerechtes Zubereiten oder Aufnahme der Nahrung
  • Mobilität: Selbständiges Aufstehen und Zubettgehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung (z.B. für Arztbesuche, Behördengänge, nicht für Spaziergänge)

Es zählen allerdings noch weitere Kriterien zur Pflegebedürftigkeit. Diese werden allerdings weniger schwer gewichtet als die Grundpflege. Dazu gehört:

  • Hauswirtschaftliche Versorgung: Einkaufen, Kochen, Putzen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche

Auswirkungen der Pflegegrade

Die künftig fünf Pflegegrade sollen ermöglichen, dass die Pflegebedürftigen individueller eingestuft werden und demnach auch bessere Leistungen erhalten. Konkret werden dann nicht mehr nur körperliche Fähigkeiten berücksichtigt, mit denen Pflegebedürftigen ihren Alltag meistern konnten. Auch geistige Fähigkeiten bzw. Defizite werden dann als Pflegebedürftigkeit anerkannt, insbesondere Demenz. Künftig wird also nicht nur darauf geachtet, ob der Patient den Alltag theoretisch, sondern auch tatsächlich praktisch meistern kann oder nicht. Die „Minutenpflege“, die bisher den Pflegebedarf daran festmachte, wie lange die Pflegehandlungen dauern, ist damit ebenfalls abgeschafft.

Neueinstufung Pflegestufe – Pflegegrad (Pflege zu Hause)

bis Ende 2016  seit 2017 Leistungen seit 2017 (bis zu)
(Pflegegeld/ Pflegedienst)
Pflegestufe 1 (ohne Demenz) Pflegegrad 2 316 € / 689 €
Pflegestufe 2 (ohne Demenz) Pflegegrad 3 545 € / 1.298 €
Pflegestufe 3 (ohne Demenz) Pflegegrad 4 728 € / 1.612 €
Pflegestufe 0 (mit Demenz) Pflegegrad 2 316 € / 689 €
Pflegestufe 1 (mit Demenz) Pflegegrad 3 545 € / 1.298 €
Pflegestufe 2 (mit Demenz) Pflegegrad 4 728 € / 1.612 €
Pflegestufe 3 (mit Demenz) Pflegegrad 5 901 € / 1.995 €
Härtefall (mit Demenz) Pflegegrad 5 901 € / 1.995 €

Neuerungen seit 2017

Seit 2017 ist ein neues Gesetz für die Pflege­ver­si­che­rung in Kraft treten. Dieses bein­hal­tet den Umbau der drei Pflegestufen in fünf Pflege­grade. Damit sollen geistige und körperliche Beeinträchtigungen gleichwertig behandelt werden. Es geht nicht mehr darum, wie viel Hilfe ein Pflegebedürftiger täglich benötigt, sondern wie selbstständig dieser noch im Alltag ist. Wichtig sind vor allem die Bereiche Mobilität, geistige und kom­mu­ni­kative Fähigkeiten, Verhalten, Selbst­ver­sor­gung, Umgang mit Erkrankungen und Belastungen sowie soziale Kontakte. Mit der Ände­rung erhofften sich viele Menschen eine Verbes­serung im Pflegebereich.

Neu: Pflegegrad 1

Pflegegrad 1 wird neu hinzukommen. Dieser soll vor allem auf Personen abzielen, die nur sehr leichte Einschränkungen in der Bewältigung des Alltags aufweisen. Damit wird erreicht, dass Betroffene möglichst lange zu Hause wohnen können. Pflegegrad 1 enthält zum Beispiel:

So funktioniert die Pflegegrade-Einstufung

Einen Gutachter wird es weiterhin geben. Dieser stellt fest, in welchem Umfang der Patient noch selbständig, ohne fremde Unterstützung den Alltag meistern kann (Grad der Selbständigkeit). Betrachtet werden dabei folgende Bereiche:

  • körperliche Mobilität
  • geistige Fähigkeiten
  • sprachliche Fähigkeiten
  • Fähigkeit, sich selbst zu versorgen
  • Allgemeines Verhalten
  • Umgang mit Belastungen und eigenen Krankheiten
  • soziales Umfeld (gibt es soziale Kontakte?)

Der Gutachter vergibt für die Einzelbereiche Punkte, deren Gesamtpunktzahl den Pflegegrad ergeben.

Bisherige Einstufung bleibt nicht erhalten

Personen, denen bereits eine Pflegestufe erteilt wurde, werden dann in einen neuen Pflegegrad eingestuft. Dabei soll es keine Schlechterstellung geben, d.h. Leistungen müssen mindestens identisch bleiben oder sich verbessern.

Das Pflegetagebuch

Um dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) bei der Begutachtung der Pflegebedürftigkeit präzise Angaben über den Pflegebedarf machen zu können, empfielt es sich, vorher ein sogenanntes Pflegetagebuch zu führen. Dieses sollte mindestens eine Woche lang geführt werden. Darin wird festgehalten, wie lange einzelne Tätigkeiten genau dauern und wann am Tag sie verrichtet werden. Zudem wird notiert, ob die Person bei diesen Tätigkeiten Unterstützung, Anleitung oder Beaufsichtigung benötigt, oder ob sie sogar teilweise oder vollständig von einer Pflegeperson übernommen werden müssen.

Zu den Tätigkeiten, die notiert werden sollten, gehören die Körperpflege mit den Bereichen Waschen/Duschen/Baden, Zahnpflege, Kämmen, Rasieren/Gesichtspflege und Darm- und/oder Blasenentleerung, die Mobilität mit den Bereichen Aufstehen und Zubettgehen, An- und Auskleiden, Gehen/Treppensteigen und Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung/Pflegeeinrichtung, die Ernährung mit den Bereichen Mundgerechte Zubereitung und Aufnahme der Nahrung/Sondenkost sowie die Hauswirtschaftliche Versorgung mit den Bereichen Einkaufen, Kochen, Reinigung der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Kleidung und Beheizen der Wohnung.

Kontakt zu Pflegebedürftigen

Viele Menschen in Deutschland hatten noch nie Kontakt zu einer pflegebedürftigen Person, dies zeigt eine Umfrage der GfK im Auftrag der DKV, bei der über 3.000 Personen befragt wurden. Demnach hatten 60 Prozent der Befragten bisher keinen Kontakt zu Betroffenen. Lediglich 15 Prozent haben täglichen Kontakt zu Pflegebedürftigen, wobei dies mehr Frauen als Männer betrifft. Grund dafür ist, dass schon allein zwei Drittel der Pflegepersonen zu Hause und 88 Prozent der Pflegedienstangestellten aus Frauen bestehen. Personen der Altersgruppe von 46 bis 65 Jahren haben den meisten Kontakt.

Übersicht der bisherigen Pflegestufen

In der folgenden Tabelle ist zusammengefasst, welcher zeitliche Pflegeaufwand für die Einteilung in die Pflegestufen notwendig ist. Die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Pflegestufe ist maßgeblich von dem Zeitaufwand bestimmt, der für die Hilfestellungen bei einer pflegebedürftigen Person benötigt wird. Dabei sind klare Grenzwerte für jede Pflegestufe zugeordnet. Lediglich die Härtefallregelung ist abhängig von weiteren Kriterien.

„Pflegestufe 0“ Pflegestufe 1 Pflegestufe 2 Pflegestufe 3
Zeitaufwand insgesamt < 90 min mind. 90 min mind. 180 min mind. 300 min
Davon Grundpflege bis 45 min über 45 min mind. 120 min mind. 270 min

Auch ohne festgestellte Pflegebedürftigkeit sind Leistungen aus der Pflegeversicherung möglich. Voraussetzung ist eine eingeschränkte Alltagskompetenz. Dann besteht in der Regel Anspruch auf 100,00 Euro monatlich von Seiten der Pflegeversicherung. Je nach Einschränkung der Alltagskompetenz stehen in schweren Fällen auch 200,00 Euro monatlich zur Verfügung. Bei den Leistungen handelt es sich um Pflegesachleistungen. Sie können verwendet werden, um:

  • Pflegedienste zu finanzieren (auch Tages- und Stundenpflege)
  • Ersatzpflege oder besondere (gerontopsychiatrische) Betreuungsangebote zu finanzieren

Seit dem 1. Januar 2013 haben Personen mit eingeschränkter Alltagskompetenz ohne Pflegestufe zusätzlich Anspruch auf ein Pflegegeld und auf Pflegesachleistungen bei häuslicher Pflege:

  • Pflegegeld: 123,00 Euro
  • Sachleistungen: 231,00 Euro monatlich

Personen der Pflegestufe 0 haben halbjährlich ebenfalls Anspruch auf Pflegeberatungsgespräche.

Die Pflegestufe I stellt die unterste Stufe des 3-gliedrigen Pflegesystems in Deutschland dar. Eine Person in dieser Pflegestufe muss eine „erhebliche Pflegebedürftigkeit“ aufweisen. Das bedeutet, dass der Pflegebedürftige täglich mindestens bei zwei Verrichtungen Hilfe benötigt. Dies muss im Bereich der Ernährung, der Mobilität oder Körperpflege geschehen. Zudem bedarf es mehrmals in der Woche Hilfestellungen in der hauswirtschaftlichen Versorgung, so etwa beim Einkauf oder der Hausreinigung.

Die Leistungsart hängt von der Art der Pflege ab. Pflegebedürftige der Pflegestufe I mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz haben einen Anspruch auf bis zu 316 Euro Pflegegeld im Monat.

Pflegestufe I: Grundleistungen

  • Pflegegeld: 244,00 € monatlich (316,00 Euro bei Demenz)
  • Sachleistungen: 468,00 € monatlich (689,00 Euro bei Demenz)
  • Vollstationäre Pflege: 1.064,00 € monatlich

Die Pflegestufe II bildet die mittlere Stufe im 3-gliedrigen Pflegesystem und wird als„Schwerpflegebedürftigkeit“ definiert. Zum Erreichen dieser Stufe bedarf es mindestens dreimal täglich zu unterschiedlichen Zeiten Hilfe bei der Bewältigung verschiedener Dinge aus den Bereichen der Ernährung, der Mobilität oder der Körperpflege. Zusätzlich ist mehrmals wöchentlich Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung notwendig. Hierzu gehört z.B. das Einkaufen und die Hausreinigung.

Für Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz gibt es ein Pflegegeld von bis zu 545 Euro im Monat.

Pflegestufe II: Grundleistungen

  • Pflegegeld: 458,00 € monatlich (545,00 Euro bei Demenz)
  • Sachleistungen: 1.144,00 € monatlich (1298,00 Euro bei Demenz)
  • Vollstationäre Pflege: 1.330,00 € monatlich

Die Pflegestufe III wird als „Schwerstpflegebedürftigkeit“ definiert. Damit eine pflegebedürftige Person dieser Stufe zugeordnet wird, ist eine Hilfsbedürftigkeit in der Ernährung, der Mobilität und der Körperpflege rund um die Uhr notwendig – auch in der Nacht (22.00 bis 6.00 Uhr). Zusätzlich müssen die Betroffenen mehrmals in der Woche Hilfe bei der Bewältigung der hauswirtschaftlichen Versorgung (Einkauf, Hausputz oder Ähnliches) benötigen, um die vorbenannte Pflegestufe zu erhalten.

Pflegestufe III: Grundleistungen

  • Pflegegeld: 728,00 € monatlich
  • Sachleistungen: 1.612,00 € monatlich
  • Vollstationäre Pflege: 1.612,00 € monatlich

Darüber hinaus gibt es Pflegebedürftige, deren Einschränkungen die Erfordernisse der Pflegestufe III weit übersteigen. Für diese hat der Gesetzgeber eine Härtefallregelung eingeführt. Hierfür sind folgende Kriterien entscheidend:

quantitativ: Die pflegebedürftige Person benötigt für die Grundpflege durchschnittlich mindestens 360 Minuten tägliche Unterstützung. Diese Hilfe muss mindestens dreimal in der Nacht (22.00 bis 6.00 Uhr) geleistet werden. Bei Personen, die sich in der vollstationären Pflege befinden, wird auch der Zeitaufwand der medizinischen Behandlungspflege (beispielsweise Verbandswechsel) berücksichtigt.
oder

qualitativ: Für die Grundpflege der pflegebedürftigen Person müssen auch nachts immer zwei Personen zeitgleich handeln. Dies bedeutet, dass bei mindestens einer Tätigkeit am Tag oder in der Nacht neben der professionellen Pflegekraft eine weitere Person beschäftigt sein muss.
Darüber hinaus bedarf es einer Rund-um-die-Uhr-Betreuung in der hauswirtschaftlichen Versorgung.

Härtefallregelung: Leistungen

  • Pflegegeld: 728,00 € monatlich
  • Sachleistungen: 1.995,00 € monatlich
  • Vollstationäre Pflege: 1.995,00 € monatlich

Pflegebedürftigkeit – § 14 SGB XI

(1) „Pflegebedürftig im Sinne dieses Buches sind Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße (§ 15) der Hilfe bedürfen.“

(2) „Krankheiten oder Behinderungen im Sinne des Absatzes 1 sind:

1. Verluste, Lähmungen oder andere Funktionsstörungen am Stütz- und Bewegungsapparat,

2. Funktionsstörungen der inneren Organe oder der Sinnesorgane,

3. Störungen des Zentralnervensystems wie Antriebs-, Gedächtnis- oder Orientierungsstörungen sowie endogene Psychosen, Neurosen oder geistige Behinderungen.“