Krankenversicherungspflicht in Deutschland

Seit dem 01.01.2009 gilt die Krankenversicherungspflicht in Deutschland für alle Personen. Zuvor beschränkte sich die Versicherungspflicht auf bestimmte Personengruppen und auf die gesetzlichen Krankenkassen. Zusätzlich wurde der sogenannte PKV-Basistarif geschaffen, der sich grundsätzlich an den Leistungen und Prinzipien der gesetzlichen Krankenkassen orientiert. Die Krankenversicherungspflicht ist zu unterscheiden von der Versicherungspflichtgrenze – diese ermöglicht Angestellten und Arbeitnehmern den Wechsel vom gesetzlichen ins private System. Die Pflicht zur Krankenversicherung gilt seit folgendem Zeitraum: gesetzlichen Krankenkasse (seit dem 01.04.2007) oder private Krankenversicherung (seit dem 01.01.2009)

Strafe bei fehlender Krankenversicherung

Unversicherter Zeitraum Höhe der Zahlung
01.02.09 – 30.04.09 ein Monatsbeitrag (max. 639,38 Euro) für jeden Monat ohne Versicherungsschutz
ab 01.05.09 ein Sechstel des Monatsbeitrags für jeden weiteren Monat (maximal 14 Monatsbeiträge)
unversicherte Zeit nicht ermittelbar bzw. sehr lang maximal 5 Jahre unversicherte Zeit werden zu Grunde gelegt (maximal 14 Monatsbeiträge)

Im Bereich der gesetzlichen Krankenkassen werden durch die Krankenversicherungspflicht bei Personen, die nach dem 01.04.2007 unversichert sind, von den Kassen rückwirkend ab dem Zeitpunkt der fehlenden Versicherung die normalerweise fällig gewordenen Beiträge nacherhoben. Die Regelung in der PKV ist daher vergleichsweise milder, weil sie nur bis zum 01.02.2009 zurückgeht.

Rückwirkende Forderungen in der PKV

Unversicherten drohen durch die Krankenversicherungspflicht in Deutschland auch im Jahr 2025 rückwirkende Forderungen in einer privaten Krankenkasse. Diese können sich auf bis zu fünf Jahre belaufen, wobei maximal 14 Monatsbeiträge erhoben werden dürfen.

Beiträge für Zeiträume vor diesem Datum werden nicht nachträglich erhoben. Personen ohne Versicherungsschutz, die einer privaten Krankenkasse zuzuordnen sind, müssen rückwirkend mit folgenden Zahlungen rechnen:

Beitragsschuldengesetz: Erlass der rückwirkenden Schulden bis 31.12.2013

Durch die rückwirkenden Beiträge verschulden sich Menschen ohne Krankenversicherung bereits bei Eintritt in die Versicherung, weshalb viele Betroffene diesen Schritt scheuen. Die Bundesregierung hat zum 01. August 2013 daher ein Beitragsschuldengesetz erlassen, das Nichtversicherte entlasten sollte.

Das Beitragsschuldengesetz von 2013 bot eine einmalige Möglichkeit, rückwirkende Schulden zu erlassen. Seitdem müssen Personen ohne Versicherungsschutz bei einer nachträglichen Anmeldung weiterhin mit rückwirkenden Beitragsforderungen rechnen. Allerdings haben viele Krankenkassen inzwischen flexible Ratenzahlungsmodelle eingeführt, um den Einstieg zu erleichtern.

In der gesetzlichen Krankenversicherung wurde hierfür der monatliche Zins von 5 Prozent auf 1 Prozent gesenkt. (siehe Infografik)

Pflicht zur Krankenversicherung für alle

Grundsätzlich besteht für alle eine allgemeine Krankenversicherungspflicht in Deutschland und dies unabhängig von der Berufs- bzw. Personengruppe.

Grundlage der Regelung zur Krankenversicherungspflicht bildet die Zuordnung zum jeweiligen Krankenversicherungssystem.

Für Personen ohne gültigen Versicherungsschutz erfolgt diese Zuweisung aufgrund der letzten Zugehörigkeit zu einem der beiden Krankenversicherungssysteme. So sind Betroffene verpflichtet, sich privat absichern zu lassen, sofern sie zuletzt Mitglied in der Privatvorsorge waren.

Wer noch nie Mitglied einer Krankenkasse war, wird in dem System versichert, dem er aufgrund des ausgeübten Berufs zuzuordnen ist (auch Rentner und Studenten). Nach der Krankenversicherungspflicht für Selbständige, Freiberufler und Beamte werden diese Berufe beispielsweise der privaten Krankenversicherung zugeordnet. Wenn zwei Tätigkeiten vorliegen, z.B. Angestellte in Teilzeit, die nebenbei einer selbständigen Tätigkeit nachgehen, entscheidet die hauptberufliche Tätigkeit über die Krankenversicherungspflicht (SGB V § 5 Abs. 5).

Wenige ohne Krankenversicherung

Laut Statistischem Bundesamt gibt es in Deutschland immer weniger Menschen ohne Krankenversicherung. Während 2007 rund 196.000 Personen keine Krankenversicherung hatten, waren es 2012 knapp 137.000 Nicht­versicherte.

Die aktuellsten Zahlen des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2024 zeigen, dass die Zahl der Personen ohne Krankenversicherung in Deutschland auf etwa 50.000 gesunken ist. Dies ist vor allem auf die konsequente Umsetzung der Krankenversicherungspflicht und verbesserte Beratungsangebote zurückzuführen.

Möglichkeiten in der PKV

Personen, die sich in der privaten Krankenversicherung versichern lassen müssen, haben die Möglichkeit im Basistarif einzusteigen. Dieser ist durch folgende Merkmale gekennzeichnet:

  • brancheneinheitliche Gestaltung
  • entspricht in Preis und Leistung etwa dem Umfang der gesetzlichen Krankenkasse
  • Kontrahierungszwang, d.h. Versicherungsanwärter dürfen nicht abgelehnt werden
  • keine vorherige Gesundheitsprüfung

Maximal zu leistender Beitrag: Der Höchstbetrag im Basistarif wird jährlich angepasst und beträgt im Jahr 2025 rund 750 Euro monatlich. Dieser orientiert sich an der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung.

Versicherungsnehmer, die sich hingegen in einem höherwertigen Tarif versichern lassen möchten, durchlaufen zunächst den Gesundheits­check und zahlen anschließend Beiträge, die sich nach Alter, Gesundheits­zustand und gewünschten Versicherungsleistungen richten. Studenten erhalten einen Zuschuss, während Rentner die Beiträge meist allein zahlen.

Befreiung von der Versicherungspflicht

Man kann sich nach § 8 SGB V von der gesetzlichen Versicherungspflicht befreien lassen und damit privat versichert bleiben, obwohl die gesetzliche Pflichtversicherung greift. Der Antrag wird bei der Krankenkasse gestellt, ist aber nur in bestimmten Situationen zulässig:

  • Die Versicherungspflichtgrenze holt das Einkommen ein, d.h. bei Gehaltsreduzierung ist ein Antrag nicht möglich.
  • Bezug von Arbeitslosengeld (mindestens 5 Jahre PKV-Vorversicherung)
  • Bezug von Unterhaltsgeld (mindestens 5 Jahre PKV-Vorversicherung)
  • Teilzeitbeschäftigung während des Bezugs von Erziehungsgeld oder Elterngeld in Elternzeit. Die Befreiung ist dann nur während der Elternzeit möglich.
  • Reduzierung der Arbeitszeit wegen der Pflege Angehöriger (Befreiung nur während der Pflegezeit und in sogenannter Nachpflegephase)
  • Arbeitszeitreduzierung auf 50 Prozent der im Betrieb üblichen Vollbeschäftigung oder weniger
  • Gilt auch, wenn ein neuer Job beginnt
  • Gilt auch nach Eltern-, Pflege- oder Familienpflegezeit für die Teilzeitstelle, die in Vollzeit nicht zur Pflichtversicherung führen würde. Voraussetzung ist ein Bruttoentgelt, das mindestens 5
  • Jahre über der Einkommensgrenze lag, wobei Elternzeit, Pflege- und Familienpflege eingerechnet werden.
  • Antrag oder Bezug von Rente
  • Beginn eines Studiums oder Praktikums, inkl. Arzt im Praktikum
  • Tätigkeit in einer Einrichtung für behinderte Menschen

Der Antrag muss innerhalb von drei Monaten (nach Eintritt der Pflichtversicherung) bei der Krankenkasse gestellt werden. Die Befreiung ist dann ab Beginn der Pflichtversicherung gültig, allerdings nur wenn in dieser Zeit noch keine Leistungen von der Kasse beansprucht wurden. Falls doch Leistungen beansprucht wurden, greift die Befreiung am Anfang des Monats nach der Antragstellung.

Wichtig: Die Befreiung kann nur dann gewährt werden, wenn die Person eine andere gültige Krankenversicherung vorweisen kann. Eine Befreiung ist unwiderruflich.

Krankenversicherungspflicht bei Bürgergeld

Auch im Jahr 2025 gilt, dass Empfänger von Arbeitslosengeld II privatversichert bleiben müssen, sofern sie vor dem Leistungsbezug privat versichert waren. Allerdings hat sich die Unterstützung verbessert: Die Leistungsträger übernehmen mittlerweile nicht nur die laufenden Beiträge vollständig, sondern bieten auch Unterstützung bei der Tilgung älterer Beitragsschulden an.

Dies kann beispielsweise auf Selbständige zutreffen, deren Unternehmen Insolvenz anmelden muss. Im Gegensatz zu gesetzlich Versicherten wurde bei Privatversicherten mit Hartz IV-Anspruch aber bis Anfang 2011 nur ein Teil der Beiträge übernommen. Den Rest musste der Versicherte selbst tragen. Mittlerweile hat das Bundessozialgericht jedoch die Leistungsträger zur vollständigen Übernahme verpflichtet (Az: B 4 AS 108/10 R), um die Krankenversicherungspflicht zu gewährleisten. Die Leistungsträger übernehmen nach einer Vereinbarung zwischen Gesundheitsministerium und PKV-Branche (August 2011) auch die Beitragsschulden, die vor 2011 angefallen sind.

Tipps der Redaktion

Praktische Hinweise zur Erfüllung der Krankenversicherungspflicht

Die Krankenversicherungspflicht kann für Personen ohne aktuellen Versicherungsschutz herausfordernd sein. Um den Einstieg zu erleichtern, sollten folgende Schritte beachtet werden:

  1. Überprüfung der letzten Versicherung: Klären Sie, ob Sie zuletzt in einer gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung versichert waren. Diese Information ist entscheidend für die Zuordnung zum jeweiligen System.
  2. Kontaktaufnahme mit der zuständigen Krankenkasse: Melden Sie sich bei Ihrer früheren Krankenkasse oder einer neuen Kasse, um die Wiederaufnahme zu besprechen.
  3. Unterlagen vorbereiten: Halten Sie Nachweise über Ihre berufliche Tätigkeit, Einkommensverhältnisse und gegebenenfalls frühere Versicherungszeiten bereit.
  4. Beratung nutzen: Viele Krankenkassen bieten kostenlose Beratung an, um den Einstieg in die Versicherung zu erleichtern.

Finanzielle Unterstützung bei Beitragsschulden

Für Personen mit Beitragsschulden oder finanziellen Schwierigkeiten gibt es verschiedene Entlastungsmöglichkeiten:

  • Beitragsschuldengesetz: Falls Sie rückwirkend Beiträge zahlen müssen, prüfen Sie, ob das Beitragsschuldengesetz für Ihren Fall greift. Es ermöglicht unter bestimmten Bedingungen eine Reduzierung der Schulden.
  • Ratenzahlung: Viele Krankenkassen bieten die Möglichkeit, offene Beiträge in Raten zu begleichen.
  • Sozialleistungen nutzen: Empfänger von Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe können unter Umständen eine vollständige Übernahme der Krankenversicherungsbeiträge durch die Leistungsträger beantragen.

Tipps zur Wahl zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung

Die Entscheidung zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung hängt von individuellen Faktoren ab. Beachten Sie folgende Punkte:

  • Berufsgruppe: Selbständige, Freiberufler und Beamte sind häufig privat versichert. Angestellte und Rentner werden in der Regel dem gesetzlichen System zugeordnet.
  • Gesundheitszustand und Alter: In der privaten Krankenversicherung können Beiträge je nach Gesundheitszustand und Alter variieren. Der Basistarif bietet jedoch eine kostengünstige Alternative ohne Gesundheitsprüfung.
  • Langfristige Perspektive: Prüfen Sie, ob Ihre Einkommenssituation langfristig eine private Versicherung rechtfertigt, da ein Wechsel zurück ins gesetzliche System oft schwierig ist.

Häufige Fragen zur Krankenversicherungspflicht

Um Unsicherheiten zu vermeiden, könnten folgende Fragen beantwortet werden:

  • Was passiert, wenn ich mich nicht versichere? Personen ohne Versicherungsschutz müssen mit rückwirkenden Beitragsforderungen rechnen. Zudem besteht das Risiko von Strafzahlungen.
  • Kann ich mich von der Pflicht befreien lassen? Eine Befreiung ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich und unwiderruflich. Prüfen Sie sorgfältig, ob dies für Ihre Situation sinnvoll ist.
  • Welche Unterstützung gibt es für Geringverdiener? Studenten erhalten Zuschüsse zur privaten Krankenversicherung, während Rentner häufig durch die gesetzliche Rentenversicherung unterstützt werden.

Weiterführende Anlaufstellen

Falls weitere Fragen bestehen oder Unterstützung benötigt wird, stehen folgende Stellen zur Verfügung:

  • Beratungsstellen der Krankenkassen: Viele Kassen bieten persönliche Beratung vor Ort oder telefonisch an.
  • Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA): Dieses Amt hilft bei finanziellen Fragen rund um die Krankenversicherungspflicht.
  • Sozialverbände: Organisationen wie der VdK oder Caritas bieten Unterstützung bei rechtlichen und sozialen Fragen zur Krankenversicherung.