Isoglucose – die gefährliche Art zu süßen?
Die Isoglucose (auch Isoglukose) spielte bis 2017 nur eine geringe Rolle bei europäischen Lebensmitteln. Aufgrund von gesetzlichen Lockerungen kommt der aus Mais, Getreide und Kartoffeln gewonnene Zucker nun hierzulande wohl auch stärker zum Einsatz. Das könnte weiterreichende Folgen für die Gesundheit der Verbraucher haben.
Was ist Isoglucose?
Isoglucose wird vor allem in den USA eingesetzt und ist dort unter dem Namen high fructose corn syrup (HFCS) bekannt. Dort hat Isoglucose den traditionellen Zucker, zum Beispiel in süßen Getränken, weitestgehend abgelöst. Der hierzulande verwendete Haushaltszucker – auch als Saccharose bekannt – wird aus Zuckerrüben oder Zuckerrohr gewonnen und besteht aus gleichen Anteilen an Fruktose und Glukose (alternative Schreibweisen sind Fructose und Glucose). Isoglucose hingegen ist ein Sirup, der aus Mais oder Weizenstärke gewonnen wird und in der Regel aus 55 % Fruktose und 45 % Glukose besteht. Ab einem Fruktoseanteil von über 50 % spricht man auch von einem „Fruktose-Glukose-Sirup“. Im Gegensatz zu Süßstoffen oder Zuckeraustauschstoffen besteht Isoglucose also aus Zucker. Daher besitzt es einen ähnlichen Kalorienwert. Isoglucose kann wesentlich günstiger produziert werden und wird deshalb gerne von der Lebensmittelindustrie verwendet.
Glukosesirup ist besonders häufig enthalten in:
KKZ Podcast Tipp:
Warum erobert der Glukosesirup den europäischen Markt?
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Warum gerade jetzt die Isoglucose in der EU vermehrt auftaucht, hat einen bestimmten Grund. Im Zuge des transatlantischen Freihandelsabkommen (TTIP) hat Brüssel seine europäische Agrarpolitik neu geregelt. Darunter fällt auch der EU-Zuckermarkt mit neuen Regelungen. Ursprünglich durfte Isoglucose nur 5 % des Verbrauchs an Zucker ausmachen. Diese Quote für Zucker fiel ab Herbst 2017 weg. Damit dürfen Lebensmittelhersteller erstmals in Europa unbegrenzte Mengen an Saccharose (Haushaltszucker) und Isoglucose produzieren. Die EU-Kommission erwartet eine deutliche Zunahme der verwendeten Isoglucose auf insgesamt 10 Prozent im europäischen Markt für Süßungsmittel.¹ Von einer verdreifachten Produktion bis 2025² geht das Europa-Parlament aus. Besonderer Anreiz für die Lebensmittelindustrie: Isoglukose ist günstiger in der Herstellung als der herkömmliche Zucker. Dennoch muss nicht befürchtet werden, dass der Sirup den hiesigen Zucker vollständig ersetzt, da die sensorischen und technologischen Eigenschaften von Isoglukose (Fruktose-Glukosesirup) sich nicht für die komplette Bandbreite an Lebensmitteln eignen.
Isoglucose – Gefahr für unsere Gesundheit?
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Die Isoglucose hat einen schlechten Ruf, zurecht? Immer wieder werden Stimmen laut, die behaupten, dass Isoglucose wesentlich schlechter für die Gesundheit ist als Haushaltszucker. Das Max-Rubner-Institut (MRI) – Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel – ist nach Untersuchungen der Ansicht, dass Isoglucose für die Gesundheit nicht schädlicher ist als andere Zuckerarten. Für die Fachgesellschaft für Ernährungstherapie und Prävention (FET e.V.) sind die Ergebnisse des Max-Rubner-Instituts zunächst nachvollziehbar. Dennoch gibt die FET zu bedenken, dass sich die Untersuchungsergebnisse in Bezug auf die Isoglucose auf einen nahezu gleichen Anteil von Fructose und Glucose beziehen.
Dadurch können die Wirkungsweise und die Verarbeitung im menschlichen Körper kaum Unterschiede zum Haushaltszucker aufweisen. Es fehlen jedoch Untersuchungen, die die Auswirkung von Isoglucose mit einem höheren Anteil an Fruktose aufzeigen. Denn Experten warnen, dass insbesondere der Fruchtzucker folgende gesundheitsschädliche Folgen haben kann:
Vor allem die Triglyzeride und das LDL-Cholesterin im Blut steigern, über einen langen Zeitraum gesehen, das Risiko für Übergewicht, erhöhte Zuckerwerte und koronare Herzerkrankungen.³ Fruktose wird unbegrenzt in die Leber aufgenommen. Wenn der Energiebedarf gering ist, wird Fruktose in der Leber zunehmend als Fett gespeichert.⁴
Isoglucose – Risiken und Nebenwirkungen
Stoffwechsel in der Leber
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Fructose wird im Gegensatz zu Glucose unbegrenzt in die Leber aufgenommen. Ist die Abbaukapazität erschöpft und der Energiebedarf gering, wird Fructose in der Leber vermehrt als Fett gespeichert.
Sättigungsregulation im Gehirn
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Im Gegensatz zu Glucose wird Fructose Insulin-unabhängig in die Zellen aufgenommen, wodurch ein zentrales Sättigungssignal ausbleibt und zum Mehrkonsum anregen kann.
Daraus resultierende Annahme:
Je höher der Anteil an Fruktose ist, umso höher steigt das Risiko für bestimmte Erkrankungen:
Zu den möglichen Gesundheitsrisiken für die Verbraucher kommt der Umstand hinzu, dass der Maissirup aufgrund des erhöhten Anteils an Fruktose eine höhere Süßkraft besitzt. Der menschliche Körper gewöhnt sich jedoch an eine hohe Süßkraft und passt den Geschmack daran an. Das kann laut FET dazu führen, dass der Konsument zunehmend süßere Lebensmittel wählt, um die gleiche geschmackliche Befriedigung zu erhalten. Darüber hinaus erzeugt Fruktose ein geringeres Sättigungsgefühl bei den Verbrauchern als Glukose. Dadurch wird unter Umständen noch mehr von dem Produkt verzehrt, was wiederum den Zuckerkonsum erheblich steigern kann.
Süßes hat Auswirkungen auf Zähne und Mund
Die Verdauung beginnt bereits im Mund. Eine besonders kohlenhydratreiche Ernährung mit Zucker, Zellulose und Stärke, ernährt und fördert dabei die Kariesbakterien. Deren verschiedene Arten, hauptsächlich die Mutans-Streptokokken und die Laktobazillen, produzieren beim Abbau der Speisereste Säuren. Ein stark saures Milieu in der Mundhöhle greift letztlich den Zahnschmelz an und kann ihn bei mangelnder Hygiene zerstören – Karies entsteht. Eine mangelnde Zahnhygiene kann sich neben Löchern in den Zähnen auch in Form von Mundgeruch widerspiegeln.
Egal welche Art Zucker, ob Isoglukose, raffinierter (weißer) Haushaltszucker oder brauner Rohrzucker – auf die Mundhygiene haben sie alle einen schlechten Einfluss. Da besonders Kinder dazu neigen, gerne Süßes zu essen und zu trinken, zeigt sich eine mangelnde Zahnhygiene hier recht schnell: Der kindliche Zahnschmelz ist viel weicher, als bei Erwachsenen und Karies entsteht umso schneller. Aber gründliches Zähneputzen hilft und mit Spiel und Spaß gelingt es Kindern leichter. Wie das geht? Die Antwort gibt Playbrush im Podcast Zahngesundheit für Kinder:
Isoglucose Herstellung: Ist Gentechnik mit im Spiel?
Die Ausgangsprodukte von Isoglucose sind Glucose und Fructosesirup. Beide sind Produkte der Stärkeverzuckerung. Gentechnik kann bei der Herstellung durchaus eine Rolle spielen, wenn genveränderte pflanzliche Stärkequellen, wie z.B. Mais oder Kartoffeln zum Einsatz kommen. Die Stärke wird mithilfe von Enzymen aufgeschlossen und modifiziert. Auch dabei wird häufig Gentechnik eingesetzt.
Rohstoff | Einsatz von Gentechnik |
---|---|
Maisstärke | Verwendung von gentechnisch verändertem Mais möglich, vor allem bei Import von Rohstoffen aus Amerika. Die EU hat mehrere genveränderte Maissorten als Lebens-und Futtermittel zugelassen. |
Kartoffeln | Es werden keine genveränderten Sorten kommerziell genutzt. |
Weizen | Es werden keine genveränderten Sorten kommerziell genutzt. |
Enzyme | Für den Abbau und die Modifikation von Stärke werden Enzyme wie Amylase, Glukose-Isomerase, Pullulanase genutzt. Diese Enzyme werden größtenteils mittels gentechnisch veränderter Mikroorganismen gewonnen. |
Quelle: eigene Darstellung nach transGEN https://www.transgen.de/datenbank/zutaten/2531.isoglucose.html
Wie kann man Isoglucose erkennen?
Bei den aufgeführten Gesundheitsrisiken fragen sich Anwender zu Recht, wie sie der verwendeten Isoglucose auf die Spur kommen können. Zunächst ist es wichtig, die Inhaltsstoffe in Lebensmitteln zu studieren, um informiert zu bleiben, was in den Lebensmitteln steckt.
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Lebensmittelhersteller sind verpflichtet, ihre Produkte mithilfe der Lebensmittelkennzeichnung für den Verbraucher transparent zu gestalten. Zutaten sind kennzeichnungspflichtig, wenn die Basis Stärke ist und unmittelbar aus gentechnisch veränderten Pflanzen wie Mais gewonnen wird. Auch Isoglucosesirup ist davon betroffen, da er in mehreren Verarbeitungsschritten aus Stärke hergestellt wird. In aller Regel werden Enzyme nicht auf der Zutatenliste erkennbar gemacht. Darüber hinaus sind Hersteller nicht verpflichtet, eine Produktion mittels gv-Mikroorganismen zu kennzeichnen.
Bei einem Fruktoseanteil von über 50 % finden Verbraucher manchmal den Eintrag „Fruktose-Glukosesirup“ in der Zutatenliste. Bei einem Fruktosegehalt zwischen 5 und 50 % heißt es dann „Glukose-Fruktose-Sirup“ und wenn nur maximal 5% Fruktose im Sirup enthalten sind, darf von „Glukosesirup“ allein gesprochen werden. Geregelt ist das übrigens in der Zuckerartenverordnung des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft.
Die Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV) regelt in der Europäischen Union die Kennzeichnung von Lebensmitteln. Für vorverpackte Lebensmittel ist eine Liste über die Zutaten (Zutatenverzeichnis) verpflichtend. Um Isoglukose erkennen zu können, bedarf es also eines Blickes auf die Verpackung und der Kenntnis von den dazugehörigen Auszeichnugen – Fruktose-Glukose-Sirup bzw. Glukose-Fruktose-Sirup. So kann der Kunde Isoglucose erkennen und zusätzlich sehen, ob anteilig mehr Fructose oder mehr Glucose in dem Produkt enthalten ist. In welcher Höhe genau, darüber wird der Kunde jedoch nicht informiert.⁴ Daher ist das Wissen um die verschiedenen Lebensmittelgruppen und die entsprechende Kennzeichnung der Zutaten umso wichtiger für eine gesunde Ernährung.
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Was können Verbraucher tun, um sich zu schützen?
Es gibt über 70 verschiedene Bezeichnungen für Zuckerarten. Daher ist es für den Kunden nicht einfach, gesunde Produkte zu erkennen. Bei einer gesunden Ernährung sollten möglichst viele Lebensmittel aus natürlichen Quellen in den Ernährungsplan mit aufgenommen werden.
Aufgrund der inflationären Zucker Deklarationen ist eine Kontrolle nicht einfach. Damit kann sich an vielen Stellen ein ungewollt hoher Zuckerkonsum, zum Beispiel in Form von Isoglukose-Sirup, in die Ernährung einschleichen. Gesundheitsprogramme, wobei die Kostenübernahme durch die Krankenkassen erfolgt, können dabei helfen, Menschen mit einem Abnehmwunsch zu unterstützen. In den entsprechenden Programmen lernen Interessierte, wo zum Beispiel versteckte Zuckerquellen lauern. Generell empfiehlt es sich, zuckerarm zu essen, um sich ein natürliches Geschmacksempfinden zu behalten. Produkte mit Isoglucose schmecken häufig sehr süß und künstlich und können so identifiziert werden. Isoglucose kann jedoch nicht alleinig für einen schlechten Gesundheitszustand verantwortlich gemacht werden. Eine abwechslungsreiche Ernährung und genügend Bewegung ist ebenso wichtig, wie der Verzicht auf übermäßig viel Fructose, zum Beispiel versteckt als Isoglucose, um gesund und fit zu bleiben.
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¹ Forum Bio- und Gentechnologie e.V. – Verein zur Förderung der gesellschaftlichen Diskussionskultur e.V.
² Seite 4: Health effects of isoglucose (https://www.europarl.europa.eu/cmsdata/121894/12%20-%20ENVI%20News%2021-22%20June%202017.pdf)
³ Fachgesellschaft für Ernährungstherapie und Prävention (FET) e.V. (www.fet-ev.eu)
⁴ Ärzte Zeitung online, Warum der Zuckersirup zum Problem werden könnte, 19.10.2017
Isoglucose Wiki
Bislang existiert noch kein gesonderter Isoglucose Wikipedia Eintrag, das Thema wird dort im Rahmen der Wiki Artikel Glukosesirup und Maissirup abgehandelt. Aufgekommen ist der Begriff Isoglukose bzw. Isoglucose Anfang der Siebziger Jahre, damals dominierte die Schreibweise Isoglukose. Bis zum Jahr 1990 blieb die Schreibweise mit k die geläufigere in der deutschsprachigen Literatur. Danach setzte sich die Schreibweise mit c immer mehr durch, seit September 2015 ist die Variante Isoglucose in Presse und Internet klar dominant – u.a. begünstigt durch kritische Medienberichte zum Fall der Zuckerquote und den TTIP Verhandlungen.