Der Darm ist das größte innere Organ des Menschen – bis zu 7 m kann er lang werden. Nicht nur die Größe, sondern auch die Aufgabenvielfalt des Darms ist beeindruckend. Neben der Verdauung und Resorption von Nahrung spielt er auch eine übergeordnete Rolle für unser Immunsystem. Wir verraten, warum der Darm ganz entscheidend zur Gesundheit beiträgt und wie mit einem gezielten Aufbau der Darmflora Beschwerden entgegengewirkt werden kann.
Der Darm als Immunorgan
Das Immunsystem ist auf die Mithilfe zahlreicher Akteure angewiesen. Dazu gehören Körperzellen, Moleküle und Immunorgane. Letztere sind über den ganzen Körper verteilt und haben die Aufgabe, Krankheitserreger abzuwehren und Fremdsubstanzen aus dem Weg zu räumen. Auch tote und veränderte Körperzellen werden so beseitigt.
Gleichzeitig trägt das Immunorgan Darm dazu bei, dass körpereigene Strukturen toleriert werden. Bei Autoimmunerkrankungen ist dieser Prozess allerdings fehlgeleitet. Anhand von Neurodermitis, Multiple Sklerose und Diabetes Typ 1 wird klar, dass der Körper auch eigenes Gewebe und Organe angreifen kann. Nur wenn das eigene Immunsystem reibungslos funktioniert, werden Feinde eliminiert und Körperbestandteile geschont.
Wie funktioniert die Immunabwehr im Darm?
Der Darm wird häufig als Sitz der Gesundheit bezeichnet. Kein Wunder, denn das Organ greift auf einen ausgeklügelten Verteidigungsmechanismus zurück, um unerwünschte Gäste zu vertreiben. Grundsätzlich können folgende Abwehrlinien im Darm unterschieden werden:¹ Die Darmschleimhaut, die Darmflora (Darmmikrobiota), das darmassoziierte Immunsystem.
Die Darmschleimhaut
Hier ist vor allem die Darmschleimhaut im Dünndarm erwähnenswert. Darauf befinden sich Zellen, die die Nährstoffaufnahme sicherstellen und Krankheitserreger effektiv abwehren können. Die sogenannten „Paneth-Zellen“ spielen dem Immunsystem direkt in die Karten. Sie setzen spezielle Substanzen ab, die Eindringlingen den Garaus machen. Dann gibt es noch die „M-Zellen“. Sie nehmen die Krankheitserreger auf und sorgen für einen Transport zu den dafür verantwortlichen Abwehrzellen.²
Die Darmflora
Im menschlichen Darm tummeln sich zahlreiche Mikroben. Untersuchungen zufolge leben dort mindestens 1.014 Mikroorganismen im friedlichen Einklang miteinander. Unglaublich aber wahr: Würden alle zusammen gewogen, wäre das Ergebnis: 1,5 bis 2 Kilogramm.³ Die zahlreichen Kleinstlebewesen in unserem Darm ergeben die Darmflora. Sie ist sowohl mit „guten“ als auch mit „schlechten“ Bakterien besiedelt. Das ist kein Problem, solange die guten Mikroben die Oberhand behalten.
Im Jahr 2011 wurde eine Studie von Peer Bork veröffentlicht. Der Bioinformatiker hat festgestellt, dass weltweit drei Darmtypen existieren. Um das belegen zu können, hat er tausende von Stuhlproben aus der ganzen Welt analysiert.
Das Ergebnis: Egal, woher der Mensch stammt, wie alt er ist oder welchem Geschlecht er angehört, er kann immer einem der drei Bakterientypen zugeordnet werden. Laut Peer Bork können folgende Darmtypen unterschieden werden:
Besonders interessant ist, dass jede Bakteriengattung ihre Vorlieben hat und einen jeweiligen Stoffwechsel besitzt. Während der Darmtyp 1 über eine geringe Bakterienvielfalt verfügt, ist bei dem Besitzer von Bacteroides-Bakterien auffällig, dass Kohlenhydrate gut aufgespalten werden können. Allerdings scheint der Darmtyp 2 auch häufiger unter Reizdarm und Diabetes zu leiden. Vegetarier beherbergen oft eine Vielzahl von Prevotella-Bakterien. 4
Fakt ist: Egal, welche Darmbakterien dominieren, die Mikroben sind sehr wichtig für das Immunsystem. Besonders gut kann das an keimfrei aufgezogenen Labortieren beobachtet werden. Bei ihnen können keine Darmbakterien nachgewiesen werden. Dadurch sind sie anfälliger für Infekte. Falls ein Eindringling in den Körper gelangt, fällt die Immunantwort nur gering aus.5 Scheinbar bringt die Darmflora das Immunsystem erst richtig in Schwung.
Wie wichtig die Artenvielfalt im Darm ist, zeigt sich auch, wenn Breitbandantibiotika die Bakterien entscheidend dezimieren. Dann können sich pathogene (krankmachende) Mikroorganismen leichter vermehren. Mögliche Folge kann unter anderem die sogenannte Antibiotika-assoziierte Diarrhoe (Durchfall, ausgelöst durch Antibiotika) sein. Das Gleichgewicht zwischen den Bakterienhauptstämmen trägt offenbar entscheidend zur Gesundheit bei. Experten vermuten, dass ein Ungleichgewicht das Risiko für Reizdarmsyndrom, Allergien und Durchfall erhöhen kann. Auch bei zahlreichen anderen Erkrankungen wie den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa) wird ein Zusammenhang mit der Darmflora vermutet.6
Möglichkeiten zur Stärkung des Darms
Das Immunsystem stärken gegen Magen-Darm-Erkrankungen und Co. ist eine gute Idee. Schließlich nimmt das Mikrobiom im Darm eine wichtige Rolle ein, um krankmachende Erreger auf Abstand zu halten. Das Darm-Immunsystem und eine gesunde Ernährung sind gute Partner. Darüber hinaus gibt es aber noch andere Tipps, die helfen können, den Darm stark zu machen.7
Der Körper leitet im Schlaf wichtige Regenerationsprozesse ein. Zudem ist das Immunsystem nachts besonders aktiv – der Körper wird nun mit zahlreichen immunaktiven Substanzen und Botenstoffen geflutet.
Sport ist nicht nur für das Herz-Kreislauf-System förderlich, sondern auch für die Verdauung.
Schwarzer Tee sollte als Genussmittel gehandhabt werden. Zuviel des Getränks kann zu Verstopfungen führen. Besser geeignet sind stilles Wasser oder milde Kräuterteesorten.
In Fertigprodukten und anderen stark verarbeiteten Lebensmitteln ist häufig eine große Menge an Zusatzstoffen enthalten. Der Darm kann darauf empfindlich reagieren. Im besten Fall werden naturbelassene Lebensmittel bevorzugt.
Stark fetthaltige Lebensmittel verweilen oft sehr lange im Verdauungstrakt. Mit leichten Speisen wird das Verdauungssystem entlastet. Zu viel Zucker stört das empfindliche Gleichgewicht zwischen „guten“ und „schlechten“ Bakterien. Daher sollte auch hier reduziert werden.
Wenn Speisen gut gekaut werden, muss der Darm weniger arbeiten. Eine gute Empfehlung ist: 40-mal kauen, erst dann herunterschlucken.
Darmfreundliche Ernährung: Fermentation und Co.
Eine darmfreundliche Ernährung kann entscheidend dazu beitragen, die gesunden Bakterien im Darm zu stärken. Neben dem Verzicht auf stark verarbeitete Lebensmittel und der Reduzierung von Fett sowie Zucker sind vor allem ballaststoffreiche Lebensmittel empfehlenswert. Vollkorn, Haferflocken und Leinsamen enthalten Ballaststoffe. Diese kann der Körper praktisch nicht verdauen. Trotzdem haben sie viele gute Eigenschaften: Sie sorgen für ein langes Sättigungsgefühl und erleichtern die Darmpassage. Auch die Darmbakterien freuen sich über Ballaststoffe. Sie zersetzen im Dickdarm die Ballaststoffe und geben dabei kurzkettige Fettsäuren frei. Diese stärken wiederum das Immunsystem.8
Präbiotische Lebensmittel sind ebenfalls eine gute Empfehlung. Bestimmte Pflanzen vereinen die präbiotischen Ballaststoffe, die gesundheitsfördernden Bakterien im Darm als Nahrung dienen. Zudem regen präbiotische Lebensmittel die guten Bakterien zum Wachstum an. Wie wäre es demnächst mit Bananen, Zwiebeln, Knoblauch, Spargel, Lauch, Löwenzahn, Artischocken oder Chicorée? All diese Lebensmittel enthalten präbiotische Ballaststoffe.
Nicht zuletzt können fermentierte Nahrungsmittel einen wichtigen Beitrag zur Darmgesundheit leisten. Sie enthalten gute Bakterien, über die sich der menschliche Darm freut. Zu den fermentierten Nahrungsmitteln gehören Sauerkraut, Kimchi, Kefir und Miso. Allerdings sollten die Produkte im besten Fall frisch zubereitet werden, da die gesundheitsfördernden Bakterien zügig absterben.7
Darmkur zur Stärkung des Immunsystems
Ein qualitativ hochwertiges Probiotikum kann die Darmflora bei ihrer Arbeit unterstützen. Darmkuren enthalten einen wertvollen Mix aus Bakterienstämmen. Im Körper angelangt, können die lebensfähigen Mikroorganismen die Verdauung und das Immunsystem positiv beeinflussen. Besonders sinnvoll ist eine Darmkur nach einer längerfristigen Verwendung von Arzneimitteln wie Antibiotika. Mit einer gezielten Einnahme kann die Bildung der nützlichen Bakterien unterstützt werden.
Studien und Quellen zum Thema Immunsystem
FAQ – die häufigsten Fragen zum Immunsystem

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