Die Reformen des Systems der Krankenversicherung

Immer wieder wird das deutsche Gesundheitssystem reformiert. Die ersten Reformen gab es in den 1970er Jahren. Zuletzt wurde die unter Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) begonnene Reform 2011 durchgesetzt.

Berlin

Von Anfang an gab es Kritik an wachsender Bürokratie, höheren Beiträgen und sinkenden Leistungen. Bis heute steht die Reform in der öffentlichen Diskussion. Ein Beispiel für eine Reform des Gesundheitssystems ist die Verbesserung des Versicherungssschutzes in der privaten Krankenversicherung vom 01.07.2007. Es wurde ein stark verbesserter Standardtarif für Nichtversicherte eingeführt, die dem System der privaten Krankenversicherung zuzuordnen waren. Am 01.11.2008 wiederum wurde ein allgemeiner und einheitlicher Beitragssatz für die GKV gesetzlich festgelegt. Zum Beginn des Jahres 2011 wurde die Drei-Jahres-Frist für Arbeitnehmer zum Beitritt in die PKV auf ein Jahr gekürzt.

Reform der Honorare für Ärzte und Mediziner

Ärzte und Zahnärzte müssen sich vor allem auf eine neue Gebührenordnung einstellen. Die Reform des Honorarsystems ist aber nicht abgeschlossen. Schrittweise sollen weitere Veränderungen in Kraft treten.

Gesundheitsfonds als Ergebnis der Gesundheitsreform 2009

Der Gesundheitsfonds dient als eine Art Sammelstelle für alle Gelder, die im gesetzlichen Krankensystem fließen. Die Verwaltung des Fonds geschieht durch das Bundesversicherungsamt.

Wichtige Veränderungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Versicherungspflichtgrenze

  • Wechsel in die PKV schon nach einjähriger (statt zuvor dreijähriger) Überschreitung der Versicherungspflichtgrenze möglich

GKV-Beitrag

  • Vereinheitlichung
  • Arbeitnehmer zahlen 7,3 Prozent/Arbeitgeber 7,3 Prozent
  • Einfrieren des Arbeitgeberbeitrag, d.h. Anteil des Arbeitgebers bleibt auch bei Beitragserhöhungen konstant
  • zukünftige Beitragserhöhungen müssen gesetzlich Versicherte weitestgehend allein tragen

Sozialausgleich für Geringverdiener

  • seit 2007 müssen Arbeitnehmer für den Lohnersatz bei langer Krankheit zusätzliche 0,25 Prozent ihres Bruttoeinkommens zahlen
  • jedoch sieht die Gesundheitsreform einen sogenannten Sozialausgleich für Geringverdiener vor
  • jener Versicherte bekommen den Zusatzbeitrag teilweise bzw. ganz erstattet, wenn sie diesen finanziell nicht allein tragen könnten

Wichtige Veränderungen für Selbständige

Auch für finanziell gutgestellte Selbständige kann eine schwere Krankheit den existenziellen Ruin und große Schuldenlasten bedeuten. Aus diesen Gründen wurde innerhalb der letzten Gesundheitsreform eine Versicherungspflicht realisiert, die jedem deutschen Bundesbürger eine finanzielle Absicherung im Falle einer Krankheit gewährleistet. Hierfür wurden folgende Regelungen festgelegt:

  • Wer nie krankenversichert war, konnte sich entscheiden, ob er in eine private Krankenversicherung oder in eine gesetzliche Krankenkasse eintritt.
  • Wer als Selbständiger nicht mehr krankenversichert, aber zuletzt privat versichert war, konnte in die private Krankenversicherung zurück. Dabei hatte er Anspruch auf die Aufnahme in den Basistarif.
  • Wer während der Selbständigkeit keinen Krankenversicherungsschutz genoss, aber davor gesetzlich krankenversichert war, musste bereits seit April 2007 wieder in seine alte gesetzliche Versicherung zurück.

Die Reformen der letzten Jahre im Überblick

Die Gesundheitsreform trat phasenweise in Kraft. Die erste Stufe wurde 2007 realisiert, 2011 folgte die vorerst letzte Phase:

01.01.2015
Der Einheitsbeitrag wird abgeschafft. Jede Kasse erhebt über einen Zusatzbeitrag in % wieder individuelle Beiträge. Fortan setzt sich der Krankenkassenbeitrag aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeitrag zu je gleichen Teilen zusammen. Zusammengenommen macht das 14,9 Prozent aus (für alle Kassen gleich). Hinzu kommt der Zusatzbeitrag, der von jeder Krankenkasse allein festgelegt wird. Dadurch gibt es wieder teure und günstige Kassen.

01.01.2011

Der Einheitsbeitrag der GKV steigt von 14,9 Prozent auf 15,5 Prozent

  • Der Arbeitgeberanteil zur GKV wird auf 7,3 Prozent des Bruttoeinkommens festgeschrieben

Zusatzbeiträge der gesetzlichen Krankenkassen

  • Zusatzbeiträge dürfen in beliebiger Höhe in € erhoben werden
  • Einführung des Sozialausgleichs für Geringverdiener (Überforderungsklausel)
  • Ausschluss bestimmter Personengruppen vom Zusatzbeitrag

Stabilisierung der Ausgaben

  • Novellierung der Zahnärztehonorare
  • Kürzung der extrabudgetären Leistungen für Ärzte
  • Pflicht der Krankenkassen zur Kürzung der Verwaltungskosten
  • Pflicht der Krankenhäuser zur Budgetkürzung
  • Einheitliche Vergütungswerte für alle Ärzte sowie Wiedereinführung des Sicherstellungszuschlages
  • Abschaffung der Nachvergütung eines unvorhersehbaren morbiditätsbedingten Behandlungsbedarfes

01.01.2009

Versicherungsschutz

  • Pflicht zur Versicherung für alle
  • Einführung eines Basistarifs in der privaten Krankenversicherung
  • Start des Gesundheitsfonds und des neuen Risikostrukturausgleichs (RSA) für Krankenkassen
  • Einführung des einheitlichen Beitragssatzes
  • Krankenkassen können Zusatzbeiträge erheben
  • Einführung einer neuen vertragsärztlichen Euro-Gebührenordnung

01.01.2008

  • Präzisierung der Ein-Prozent-Regelung für Chroniker
  • Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen ersetzt die Krankenkassenspitzenverbände
  • Gründung eines Medizinischen Dienstes auf Bundesebene durch diesen Spitzenverband

01.04.2007

Die Gesundheitsreform, die zum 1. April 2007 in Kraft trat, zog einige große Veränderungen im deutschen Gesundheitssystem mit sich. Sie basiert auf dem „Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung“ (GKV-WSG). Die wichtigsten Bereiche in denen es Veränderungen gab, waren:

  • die Versicherungspflicht und der Versicherungsschutz in der GKV
  • die medizinische Versorgung
  • die integrierte Versorgung
  • die Arzneimittel und
  • die Wirtschaftlichkeit der gesetzlichen Krankenversicherung.

Dazu sollte es zum Beispiel einen Abbau von Bürokratie und mehr Wettbewerb geben.

Angela Merkel, Bundeskanzlerin (CDU)

Merkel verteidigte den Kurs der Koalition bei der Gesundheitsreform. Für die Zukunft der sozialen Sicherungssysteme sei es wichtig, die Veränderungen im Altersaufbau der Gesellschaft zu berücksichtigen. Dazu gehöre auch, die paritätische Aufteilung der Gesundheitskosten aufzuheben. Denn andernfalls würden die Unternehmen immer weiter belastet und Arbeitsplätze abgebaut.

„Wir sorgen dafür, dass niemand mit den Kosten für die Gesundheitsversorgung überfordert ist. Das ist gelebte Solidarität.”

Philipp Rösler, ehemaliger Bundesgesundheitsminister (FDP)
„Wir schaffen ein robustes Gesundheitssystem, das nicht mehr alle zwei bis drei Jahre reformiert werden muss. Und wir schaffen die Voraussetzungen dafür, dass Gesundheitsvorsorge und -versorgung besser wird … “

„Die Maßnahmen, die wir auf den Weg bringen, führen dazu, dass die gesetzlichen Krankenkassen elf Milliarden Euro zusätzlich im nächsten Jahr bekommen.”

Karl Lauterbach, Gesundheitsexperte der SPD

Die SPD hält die aktuelle Gesundheitsreform für unsozial, da die Lasten einseitig auf die Arbeitnehmer verteilt würden. Im Falle eines Wahlsieges bei der nächsten Bundestagswahl, kündigte die SPD daher an, die Reform kippen zu wollen.

“Die Folgen der Alterung der Gesellschaft und der technische Fortschritt in der Medizin sollen künftig allein aus den Nettoeinkünften der Arbeitnehmer bezahlt werden.”

„Das, was die Regierung beschließt, ist das Ende des solidarischen Gesundheitssystems.”

Durch die Einführung des Gesundheitsfonds (seit dem 01.01.2009) ist jedes Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse verpflichtet einen einheitlichen Beitragssatz zu zahlen.

Selbständige und Freiberufler müssen in der gesetzlichen Krankenversicherung nur den ermäßigten Beitragssatz zahlen, dieser beträgt 14,0 % zuzgl. Kassen-Zusatzbeitrag in Prozent des Bruttoeinkommens. Dafür erhalten diese Berufsgruppen jedoch nur eine eingeschränkte Absicherung ohne Krankengeld. Selbständige und Freiberufler sind somit verpflichtet, sich eigenverantwortlich um eine vollständige Krankentagegeldversicherung zu bemühen. Hierfür bieten die gesetzlichen Krankenkassen bestimmte Wahltarife an. Das ist jedoch mit zusätzlichen Beiträgen auch in der gesetzlichen Krankenversicherung verbunden.

Bestandteile der Reform

Die Versicherungspflicht

  • Verpflichtung zur Krankenversicherung für alle – wer jetzt ohne Absicherung ist und früher gesetzlich krankenversichert war, muss sich jetzt wieder einer GKV anschließen

Die Wirtschaftlichkeit der GKV

  • mehr Wettbewerb – weniger Bürokratie
  • Vermeidung des Missbrauchs von Versichertenkarten durch Entwicklung neuer Schutzmaßnahmen
  • Möglichkeit zur Fusion von Krankenkassen, unabhängig von der Art der Kasse
  • Öffnung der Knappschaft

Die Arzneimittel

  • Erhöhung des Rabattes für verschreibungspflichtige Medikamente von bisher 2,00 Euro auf 2,30 Euro
  • besserer Schutz für Arzneimitteldaten
  • Möglichkeit zur Abgabe einzelner Tabletten an Patienten
  • Einholung einer ärztlichen Zweitmeinung bei der Verordnung teurer Medikamente

Der Versicherungsschutz

  • Anwartschaften jetzt auch für andere Personengruppen möglich
  • Absenkung des Mindestbeitrags für Selsbtständige möglich

Die medizinische und die integrierte Versorgung

  • Integrierte Versorgung beinhaltet nun auch die Pflegeversicherung und wird flächendeckend gefördert
  • Anspruch auf medizinische Reha-Leistungen sowie Verbesserung des Übergang vom Krankenhaus in die Reha bzw. Pflege
  • Erweiterung der Pflichtleistungen um Impfungen und Eltern-Kind-Kuren
  • Ausbau der betrieblichen Gesundheitsförderung
  • Bei Folgekosten durch medizinisch nicht indizierte Maßnahmen, wie Schönheitsoperationen wird der Versicherte finanziell beteiligt
  • Beurteilung der Qualität in allen Versorgungsbereichen durch eine fachlich unabhängige Institution
  • mehr finanzielle Mittel für Kinderhospize

Weitere Informationen zur Gesundheitsreform finden Sie beim Bundesgesundheitsministerium.