Betreutes Wohnen: „Wohnen mit Service“ auf dem Vormarsch
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Jeder Mensch möchte so viel Selbstständigkeit wie möglich haben – auch im Alter und bei einer drohenden Pflegebedürftigkeit. Betreutes Wohnen stellt für viele Menschen eine attraktive Alternative zu einem Pflegeheim dar.
Was tun, wenn die eigene Wohnung nicht altersgerecht konzipiert ist, eine Pflegebedürftigkeit droht oder gar schon vorhanden ist und die Angehörigen zu weit weg wohnen, um regelmäßig nach dem Rechten zu sehen?
Der Weg in ein Pflegeheim ist für fast alle Menschen nicht wünschenswert, war jedoch lange ohne echte Alternative. Seit kurzer Zeit entstehen jedoch immer mehr attraktive Wohnformen, die speziell auf die Bedürfnisse von Senioren abgestimmt sind.
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Im Volksmund spricht man dann von „Betreuten Wohnen“ oder auch „Wohnen mit Service“ bzw. „Wohnen plus“. Ähnlich divers wie die Begriffsprägung sind auch die Ausgestaltungsformen, ein Vergleich unterschiedlicher Angebote ist daher zu empfehlen.
Qualitätsanforderungen und Zertifizierung
Das Deutsche Institut für Normung hat in der DIN 77800 Qualitätsanforderungen für „Betreutes Wohnen für ältere Menschen“ festgelegt. Durch diese ist es für Anbieter dieser speziellen Wohnform auch möglich, ihr Angebot über die DIN CERTO zertifizieren zu lassen.
Vergleich: Betreutes Wohnen und Pflegeheim
Angebote zum Wohnen mit Service sind klar abzugrenzen von stationären Pflegeeinrichtungen. Während sich Pflegeheime auf die Umsorgung stark pflegebedürftiger Menschen spezialisiert haben, bietet das betreute Wohnen ein altergerechtes Umfeld mit so viel Wahlfreiheit wie möglich, was die Betreuungsleistungen betrifft.
Es verbindet die Vorteile der eigenen Wohnung (Eigenständigkeit) mit dem Komfort einer Pflegeeinrichtung (Sicherheit, Betreuungsangebot). Während Pflegeheime klar dem Heimgesetz unterliegen, gibt es für die Ausgestaltung spezieller betreuter Wohnangebote für Senioren kaum strikte Regularien.
Unterschiedliche Formen des betreuten Wohnens
Aufgrund der mangelnden Rechtsgrundlagen haben sich in den letzten Jahre verschiedenste Wohnformenauf dem Markt etabliert. Grundlegend sind dabei jedoch drei Arten zu unterscheiden:
1. unabhängige Anbieter: Wohnanbieter stellt altersgerechte Wohnung und bedient sich eines Betreuungsträgers, der für weitere Dienstleistungen sorgt
2. „Seniorenresidenzen“: Wohnraum und Pflege aus einer Hand
3. Eigenregie: interessierte Senioren finden sich zusammen und organisieren die Wohnung und alle Dienstleistungen eigenverantwortlich
Viele betreute Wohnanlagen sind an Heime oder Pflegeeinrichtungen angegliedert. Hier sind dann oft noch weitere Dienstleister mit unter einem Dach, wie etwa Sanitätshäuser, Essensservices etc. Im Gegensatz dazu kann ein betreutes Wohnen auch in ganz „normalen“ Siedlungen erfolgen. Betreuungsleistungen werden dann häufig über Fahrdienste realisiert.
Welche Leistungen gewährleistet sein müssen
Zu einem altersgerechten betreuten Wohnen gehören sogenannte Grundleistungen, die gewährleistet sein sollten:
- haustechnischer Service: Beseitigung von Störfällen, Reinigung von allgemeinen Wohnanlagen/Wohnflächen
- Notrufsystem: Bereitstellung eines Notrufsystems (meist durch externe Anbieter)
- Betreuungsleistungen: Beratung (Behördenangelegenheiten), regelmäßige Informationsleistungen (über kulturelle Angebote, ÖPNV, Neuerungen im Haus), Vermittlung und Organisation von weiteren Leistungen, Ideengeber für Kontakt untereinander und zu externen Angeboten
Viele Bewohner sind jedoch auf weitere Angebote angewiesen, welche als Wahlleistungen bezeichnet werden. Unter diesem Begriff sind zum einen die pflegerischen Hilfeleistungen als auch weitere Betreuungsangebote wie z.B. Reinigungsdienste für die eigenen vier Wände zusammengefasst. Diese sind klar von den Grundleistungen abzugrenzen. Es sollte zu keiner Kopplung der Wahlleistungen an die Bereitstellung des Grundangebotes kommen.
Definition nach DIN 77800
„Betreutes Wohnen ist ein Leistungsprofil für ältere Menschen, die in einer barrierefreien Wohnung und Wohnanlage leben, das Grundleistungen /allgemeine Betreuungsleistungen und Wahlleistungen /weitergehende Betreuungsleistungen umfasst. Es unterstützt eine selbstständige und selbstbestimmte Haushalts- und Lebensführung und die Einbindung in soziale Strukturen der Hausgemeinschaft und des Wohnumfeldes“
Tipp: Hilfe beim Finden optimaler Angebote
Suche nach geeigneten Häusern:
- An welchem Ort möchte ich leben? Nähe zu Kindern oder anderen Angehörigen?
- In welcher Lage sollte die Anlage liegen? Zentral, ruhig im Grünen?
- Einholen spezifischer Angebote (Hilfe durch Kommunen, Wohlfahrtsverbände etc.)
Besichtigung einiger Anlagen:
- Terminvereinbarung mit Betreiber
- Gespräch auch mit Bewohnern/Bewohnervertreter
- Angebot zum Probewohnen?
Vergleich verschiedener Angebote:
- Welche Leistungen sind überhaupt möglich? Welche sind mir wichtig?
- Aufstellen einer Punkteliste (Vordrucke im Internet z.B. durch die BIVA)
- Wieviel bin ich bereit zu zahlen?
- Kann ich mögliche Pflegeleistungen über die normale Pflegepflichtversicherung oder private Pflegezusatzversicherungen abrechnen?
Typische Wahlleistungen
Typische Beispiele für Wahlleistungen sind:
Kosten und deren Übernahme
Betreutes Wohnen ist nicht ganz preiswert. Zu den wie in normalen Wohnungen veranschlagten Kosten wie Kaltmiete und Nebenkosten kommt ein Pauschalbetrag für die Grundleistungen von durchschnittlich 90 Euro pro Monat für eine Einzelperson in einer Wohnung und 110 Euro für zwei Personen in einer Wohnung. Hierbei handelt es sich jedoch nur im Durchschnittwerte die im Einzelfall sehr stark abweichen können. Dazu kommen dann noch Kosten für die individuell vereinbarten Wahlleistungen.
Dabei gilt: Betreutes Wohnen ist Privatsache. In der Regel müssen die Kosten selber getragen werden. Jedoch können Personen mit einem geringen Einkommen Unterstützung durch beispielweise „Wohngeld“ und die „Grundsicherung im Alter“ erhalten. Personen mit einer festgestellten Pflegebedürftigkeit erhalten zudem Unterstützung aus der Pflegeversicherung. In der Regel wird es sich dabei um die in der häuslichen Pflege festgelegten Sätze des Pflegegeldes oder der Sachleistungen handeln, es sei denn die Wohnanlage ist als Heim ausgeschrieben.
Checklisten – zum Download
Alternative Wohnformen im Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz (PNG)
Durch die Pflegereform möchte der Gesetzgeber ab dem 1. Januar 2013 sogenannte Pflege-Wohngruppen fördern. Wer sich mit anderen Pflegenden zu einer Wohngemeinschaft zusammenschließt kann pro Person 2.500 Euro (maximal 10.000 Euro pro WG) für die nötigen Umbaumaßnahmen etc. erhalten. Unter Umständen ist dann eine weitere Förderung von 200 Euro pro Person und Monat möglich, um weiteren Organisationaufwand zu finanzieren. Für das zeitlich begrenzten Initiativprojekt stehen insgesamt 30 Millionen Euro zur Verfügung. Dies reicht zur Förderung von etwa 12.000 Berechtigten oder 3.000 Wohngemeinschaften.
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