20 Jahre Hausengel: Appell für eine mutige Pflegepolitik
Die Hausengel-Gruppe, einer der prägenden Anbieter für Betreuung im häuslichen Umfeld, feiert ihr 20-jähriges Bestehen und nutzt das Jubiläum für einen deutlichen Appell an die Politik. Gründer Simon Wenz und Geschäftsführerin Juliane Bohl fordern eine Pflegepolitik, die die Lebenswirklichkeit von Familien ernst nimmt, bestehende Strukturen stärkt und die häusliche Betreuung endlich als gleichwertigen Teil des Versorgungssystems anerkennt.
KKZ-Überblick
- Häusliche Betreuung: Hausengel entstand aus persönlicher Not und ist heute bundesweit und international aktiv.
- Forderungen: Flexibles Pflegebudget, weniger Bürokratie, Anerkennung und Förderung der häuslichen Betreuung.
- Strukturelle Hürden: Trennung von Pflege, Betreuung und Alltagshilfe verhindert ganzheitliche Versorgung.
- Branchenstandard: DIN SPEC 33454 definiert Qualität und Transparenz, wird aber politisch noch zu wenig genutzt.
- Koalitionsvertrag: Positiv bewertet werden Bürokratieabbau, Digitalisierung und Bürgernähe, aber die häusliche Betreuung bleibt unterrepräsentiert.
Von der Familienkrise zum gesellschaftlichen Thema
Die Gründung von Hausengel geht auf eine familiäre Ausnahmesituation zurück: Als der Großvater von Simon Wenz an Demenz erkrankte, war die Familie mit überlasteten ambulanten Diensten und fehlenden bezahlbaren Alternativen konfrontiert. Aus dieser Not entstand ein Unternehmen, das heute bundesweit und in mehreren osteuropäischen Ländern tätig ist. Hausengel bietet ambulante Fachpflege und sogenannte „24-Stunden-Betreuung“ im eigenen Zuhause an und setzt dabei auf Qualität, Transparenz und Rechtskonformität.
Politische Forderungen: Flexibilität und echte Wahlfreiheit
Juliane Bohl, die seit Jahren die politische Arbeit für Hausengel verantwortet, fordert eine mutige und differenzierte Pflegepolitik. Im Zentrum steht die Idee eines Flex-Budgets, das Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen mehr Entscheidungsfreiheit und Flexibilität bei der Verwendung der Mittel der Pflegeversicherung ermöglicht. Die Menschen sollen selbstbestimmt und ohne übermäßigen Papierkrieg entscheiden können, welche Leistungen sie benötigen.
Strukturelle Hürden: Silodenken und fehlende Anerkennung
Ein zentrales Problem sieht Hausengel in der Trennung von Pflege, Betreuung und Alltagshilfe – sowohl gesetzlich als auch in der Finanzierung. Diese Aufspaltung verhindert eine ganzheitliche Versorgung, obwohl gerade die Verbindung aller Leistungen im häuslichen Umfeld für viele Familien entscheidend ist. Die Betreuung zu Hause ist längst Realität, wird aber politisch noch immer als Randphänomen behandelt und bleibt strukturell benachteiligt.
Branchenstandard und Qualitätssicherung
Mit der DIN SPEC 33454 hat Hausengel einen Branchenstandard mitentwickelt, der Qualität, Transparenz und Verantwortung in der häuslichen Betreuung definiert. Dieser Standard ist sofort anwendbar, wird aber politisch noch nicht flächendeckend anerkannt oder gefördert. Hausengel fordert, solche Standards bundesweit zu etablieren, um Angehörige zu entlasten, das System zu stabilisieren und echte Wahlfreiheit für Pflegebedürftige zu schaffen.
Gleichwertigkeit und politische Anerkennung
Obwohl das Prinzip „ambulant vor stationär“ seit Jahren propagiert wird, spiegelt sich diese Priorisierung in der Praxis nicht konsequent wider. Die häusliche Betreuung bleibt unterfinanziert, rechtlich oft unklar positioniert und wird politisch häufig als nachrangig behandelt. Hausengel betont, dass Betreuung im häuslichen Umfeld keine Pflege zweiter Klasse ist, sondern eine eigenständige, würdevolle Versorgungsform, die Beziehung, Stabilität und Teilhabe ermöglicht.
Was die Politik jetzt tun muss
Hausengel fordert die Flexibilisierung der Pflegeversicherungsleistungen, bundeseinheitliche Anerkennungsstrukturen statt eines föderalen Flickenteppichs und ein klares politisches Bekenntnis zu funktionierenden Modellen. Die Politik soll nicht ständig neue Gesetze schaffen, sondern bestehende, bewährte Strukturen stärken und sichtbar machen.
Hausengel versteht sich als qualitativer Fachanbieter mit eigenem Pflege- und Betreuungskonzept, qualitätsgesicherten Strukturen und einer eigenen Akademie zur Ausbildung der Betreuungskräfte. Die Gruppe ist in mehreren Bundesländern und osteuropäischen Ländern aktiv und engagiert sich für die Anerkennung und Vernetzung ausländischer Pflegekräfte.
Die Verantwortlichen sehen die Pflegepolitik an einem Wendepunkt: Jetzt sei Mut zur Vereinfachung und zur Stärkung funktionierender Strukturen gefragt. Hausengel will weiterhin Verantwortung übernehmen, Standards setzen und sich politisch für eine bessere Versorgung im häuslichen Umfeld einsetzen.